Ich hatte das Glück (und die Geduld), in diesem Jahr wieder bei der re:publica dabei zu sein. Und wie immer war es mehr als eine Konferenz. Es war ein Spiegel unserer digitalen Gegenwart – mit all ihren Widersprüchen, Möglichkeiten und kleinen Aussetzern („Internet ausgefallen“ – passt schon). Hier ein persönlicher Rückblick auf die Themen, die mich am meisten bewegt haben:
KI ist mehr als Effizienz
Was mich wirklich beschäftigt hat: Die Diskussion um künstliche Intelligenz kreist ausserhalb der re:publica nach wie vor zu oft um das Automatisieren von Werbung oder das Ersetzen von Mitarbeitenden. Das kann’s eigentlich nicht sein. Es war deshalb schön zu sehen, dass es auf der rp:25 nicht nur um eine europäische Antwort auf OpenAI etc ging sondern auch um eine zivilgesellschaftliche. KI sollte Menschen stärken, nicht ersetzen. Sie sollte Räume für Selbstwirksamkeit öffnen – und nicht nur Kosten senken.
Shrimp Jesus und der kulturelle Kontrollverlust
Einer der Vorträge, die am meisten bei mir hängen geblieben sind, war der von Prof. Thomas Sommerer: “Enter the Kingdom of Shrimp Jesus”. Klingt schräg? War es auch. Aber darin wurd eine tiefere Wahrheit über die kulturellen Konsequenzen generativer KI deutlich: Inhalte, die sich millionenfach verbreiten, verlieren ihre Herkunft – und damit ihre Bedeutung. Ein KI-generierter Shrimp-Zentaur als Facebook-Hit? Willkommen im post-semantischen Zeitalter.
Fediverse statt Plattform-Debatte
Natürlich war auch das Fediverse ein Thema. Und nicht zu knapp. Aus meiner Perspektive müssen wir aufpassen, nicht den „Clubhouse-Fehler“ zu wiederholen: ewig über Plattformen zu reden, statt sie zu nutzen. Ich versuche inzwischen, kuratierte Inhalte aus dem Fediverse sichtbarer zu machen – damit gute Posts nicht im Rauschen untergehen. Ich hab sogar schon einen PoC programmiert und mich dazu ausgetauscht:
Post by @carstenrossi@mastodon.social
Denn das Potenzial ist riesig, wenn wir es richtig spielen: föderiert, pluralistisch, zivilgesellschaftlich.
Dezentralität braucht einen gemeinsamen Raum
Eine Frage, die ich mir immer wieder gestellt habe: Wo endet Dezentralität – und wo beginnt Partikularisierung? So sehr ich föderale Modelle liebe, so schnell geraten sie in die Gefahr, sich von gemeinsamen Grundwerten und aus der prinzipiell nötigen Wahrnehmung von „Globalität“ zu lösen. Und dann wird Vielfalt zur Beliebigkeit oder zur Provinzialität.
Und sonst so?
Ich habe über 20 Panels besucht, spannende Menschen getroffen, mitdiskutiert – und viel im Fediverse gelesen und gepostet. Es war stressig, aber das lohnt sich fpr einen Ort, an dem nicht ökonomische Verwertungslogiken im Mittelpunkt stehen, sondern gesellschaftliche Fragen.
Fazit:
Die re:publica war für mich wieder genau das, was sie sein sollte: ein Ort der Reibung, des Austauschs und des Möglichmachens. Ich nehme viele Ideen mit – und das gute Gefühl, nicht allein zu sein mit meiner Hoffnung auf eine bessere digitale Zukunft.
Ich habe alle meine Posts zur #rp25 aus dem Fediverse hier aggregiert – da gibts alle Vorträge, die ich besucht habe im Rückblick.